Medienmitteilung / Dossier

Ein Jahr Kantonsbahnhof Uri

Am 12. Dezember des letzten Jahres wurde der Kantonsbahnhof in Altdorf dem Betrieb übergeben. Ein Jahr danach versucht der VCS eine Bilanz zu ziehen. Neben den gewaltigen Verbesserungen, die der neue zentrale öV-Hub der Bevölkerung der Reussebene brachte, bedürfen einige Punkte der Nachbesserung.

Dossier mit Fotodokumentation (pdf)

Der zentrale Umsteigepunkt zwischen Bahn, Bus, motorisiertem und nicht motorisiertem Individualverkehr hat grosse neue Chancen für eine umweltfreundlicher Mobilität der Urner Bevölkerung geschaffen. Die zweistündlichen schnellen IC-Verbindungen bedeuten eine grosse Aufwertung des öffentlichen Verkehrs. Nicht weniger wichtig sind aber die stündlichen IR- und S-Bahn-Verbindungen. Alle werden ausgiebig benutzt. Statistiken über gestiegene BenutzerInnen-Frequenzen sind uns nicht bekannt. Nach Aussagen des SBB-CEO Vincent Ducrot scheinen die Frequenzen aber gut zu sein. Noch nicht in allen Teilen gelungen scheinen die Anschlüsse der Busse an dieses Bahnangebot, was angesichts der vielen einzuhaltenden Bedingungen nur durch eine Verdichtung des Fahrplanangebots möglich wäre. Eine solche ist aber nur denkbar, wenn die Nachfrage steigt, was entsprechende verkehrspolitische Steuerungsmassnahmen zur Verlagerung von Verkehr vom Auto zum öV voraussetzt. Nicht nachvollziehbar ist, dass am Abend eine S-Bahn aus Zug (nicht die letzte) nur bis Flüelen fährt, während alle andern Kurse bis Erstfeld verkehren. Wer Auto oder Velo am Bahnhof Altdorf abgestellt hat, macht dann einen Umweg mit dem Bus. Nach Erstfeld verlängert sich die Fahrt um rund 20 Minuten.

Aufenthaltsqualität verbessern

Der VCS ist überzeugt, dass bei der Gestaltung der Umgebung noch Potenzial besteht. Eine Begrünung der Dächer von Busterminal und Velopavillon analog zur gut gestalteten Überdachung der Einfahrt zur UKB-Tiefgarage könnte dem Bahnhof ein freundlicheres Aussehen geben. Beim Parkplatz nördlich des Güterschuppens hätten auf den nicht beanspruchten Restflächen einige schattenspendende Bäume Platz, die Rabatte entlang der Lärmschutzwand könnten mit bunten Blumen oder kleinen Büschen statt mit Schotter gefüllt sein. Auf der Westseite würden an der Betonmauer der Schotterverladeanlage Kletterpflanzen besser gedeihen als die Schlingpflanzen, die sich nicht genügend festhalten können. Ein Brunnen würde die Aufenthaltsqualität, die durch die Eröffnung von Café und Bäckerei zusätzlich zum bereits bestehenden Coop Pronto bereits verbessert wurde, weiter steigern. Vermisst wird auch ein Kiosk, der doch eigentlich zu jedem grösseren Bahnhof gehört. Eine bessere Verteilung der Sitzbänke entlang von Gleis 1 wäre erwünscht. Positiv fallen die Holzbänke am Busterminal auf, allerdings bieten dort die schmalen Windschutzwände nur wenig Schutz vor Bise und Föhn. Kalt und langweilig zeigt sich heute die Personenunterführung. Im neuen Bahnhof Art-Goldau hat man KünstlerInnen zu einer Gestaltung herbeigezogen.

 

Nur teilweise befriedigende Veloabstellanlagen

Heute zeigt sich klar, dass die Verteilung der Veloabstellplätze auf die beiden Seiten des Bahnhofs noch nicht den Bedürfnissen entspricht, obwohl der Kanton mit dem nachträglich beschlossenen Velopavillon das Gewicht stärker auf die Ostseite verschoben hat, wo auch das grössere Einzugsgebiet liegt. Meist sind die Ständer im Velopavillon überfüllt – selbst am Wochenende, während auf der Westseite noch viele Plätze leer stehen. Die Ständer in der oberen Etage stellen für viele NutzerInnen (vor allem mit schweren E-Bikes) eine Kraftherausforderung dar und sind für BenutzerInnen der unteren Etage ein Risiko für Kopfverletzungen. Sie werden deshalb selbst bei voller Anlage nicht benutzt – eher stehen die Velos ungeordnet irgendwo daneben. Es zeigt sich auch, dass die Abstände zwischen den Veloständern den heutigen breiten Lenkern nicht gerecht werden. Auch fehlen spezielle Abstellplätze für Bikes mit überbreiten Reifen und Velos mit Anhängern.

Leider werden die Veloabstellplätze häufig für das Abstellen von Rollern missbraucht. Das ist allerdings nicht verwunderlich, weil die gedeckten Roller- und Motorradabstellplätze auf der Ostseite schlecht zu finden sind und der Nachfrage nicht genügen. Auch auf der Westseite sind die Roller-Abstellplätze praktisch immer gefüllt. Die Schliessfächer im Velopavillon scheinen genutzt zu werden, sind aber erst der Ansatz zu einer eigentlichen Velostation mit zusätzlichen Dienstleistungen rund ums Velo. Der Kundenparkplatz der UKB und die Zufahrt zu den zugehörigen Veloabstellplätzen sind mit Beton-Rasengittersteinen belegt. Das verhindert zwar die Versiegelung, was eigentlich wünschenswert ist, der Boden ist in der aktuellen Ausführung aber vor allem für Personen mit Einschränkungen schlecht begehbar. Zudem liegt mitten auf der Zufahrt zum Veloständer ein Betonbalken, der wohl eine Abgrenzung des Parkplatzes markieren soll, vor allem aber ein Stolperstein ist.

Zu viele Parkplätze

Auffällig sind die vielen leerstehenden PW-Parkplätze sowohl auf der Ost- wie auf der Westseite der Bahnhofs. Hier wurde der Bedarf offensichtlich überschätzt. Voll sind die Plätze nur dann, wenn ausserkantonale BesucherInnen von Sport-Veranstaltungen in Altdorf mit dem Auto statt mit dem Zug anreisen… Leider allzu oft wird von PW-FahrerInnen die für die Busse vorgesehene behindertengerechte Einfahrt zum Busterminal als Kiss&Ride-Parkplatz oder Warteraum für Taxis genutzt. Für letztere ist eigentlich nördlich des Velopavillons ein spezieller Warteplatz reserviert, der aber mangels Hinweistafel schlecht auffindbar ist. K&R-Parkplätze gibt es auf dem Parkplatz. Selbst Cars benutzen die eigentlich dem öV vorbehaltene Verkehrsfläche des Busterminals. Gelegentlich schaffen es PWs gar, die Einfahrt von Bussen zum Terminal zu blockieren. Auch hier fehlt offensichtlich eine genügende Signalisation, die auf die alternativen Abstell- und Anhalteplätze aufmerksam machen würde.

Ungenügende Zugänge für FussgängerInnen

Wären die Geleise auch am nördlichen Ende zugänglich, so würden auch Abstellplätze für Velos und Roller auf dem Parkplatz an Attraktivität gewinnen; heute wird deren Distanz zur zentralen Personenunterführung als zu gross empfunden. Durch Treppen vom Mittelperron und von den Parkplätzen Ost und West zum Trottoir der bestehenden Autounterführung könnte ein zweiter Schienenzugang geschaffen werden, ohne dass eine neue Unterführung gegraben werden muss. Zwei bis drei Schienenzugänge sind bei mittelgrossen Bahnhöfen üblich (z.B. je zwei in Schwyz und Liestal; je drei in Thalwil, Zug und Bellinzona). Vermisst werden auch Lifte für einen niveaufreien Zugang zu den Perrons. Die Rampen – obwohl offiziell den Normen für behindertengerechtes Bauen entsprechend – genügen diesem Anspruch heute leider nicht.

Einige Verunsicherung löst weiterhin der Weg zum Bahnhof aus, den sich FussgängerInnen über den Bahnhoflatz und durch den Verkehr der Bahnhofstrasse selbst suchen müssen. Die Zebrastreifen beim Velopavillon und am Südende des Bahnhofplatzes sind am falschen Ort, zu Fuss Gehende müssen einen grossen Umweg machen. Mit Tempo 20 statt 30 und der entsprechenden Strassenraumgestaltung bestünde für alle VerkehrsteilnehmerInnen mehr Klarheit. Unangenehm für ein- und ausfahrende Velos und Busse sind die angeschrägten Randsteine welche ausser beim Taxistand und beim UKB-Kundenparkplatz den Platz von der Strasse abgrenzen; an ihrer Stelle war in den Plänen eine Entwässerungsschale vorgesehen, die auch ohne Niveauunterschied hätte realisiert werden können.

Die Zahl der öffentlichen Toiletten ist für einen Umsteigknoten dieser Grösse zu knapp bemessen. Zudem ist das Behinderten-WC im alten Güterschuppen offenbar nicht rollstuhltauglich. Noch nicht realisiert sind auch die von der SBB im Plangenehmigungsverfahren zugesicherten zwei PV-Anlagen auf der Westseite des Bahnhofs. Das insgesamt gelungene Werk dürfe auch mehr auf sich aufmerksam machen. Das Gebäude ist heute schon vom Dorf aus sichtbar. Mit einem SBB-Logo auf dem Dach könnte Ortsfremden signalisiert werden, wo sich der Bahnhof befindet.

Dossier mit Fotodokumentation (pdf)

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